Alternative Bauweisen für die Zukunft
Eine der größten Bedrohungen unserer Umwelt ist eindeutig das Plastik. Weltweit landen weltweit tausende von weggeworfenen Plastikflaschen im Meer. In vielen Ländern gibt es kein Pfandsystem oder Recycling Programme zur Wiederaufbereitung von Plastikflaschen. Inzwischen gibt immer mehr Menschen, die diesen Müll recyclen und als Baumaterial verwenden. Vor allem in südamerikanischen und asiatischen Ländern ist das eine fantastische und noch dazu preiswerte Alternative. Doch auch in unseren Breiten wird dieses Konzept schon ausprobiert.
Auch die Bauindustrie entwickelt sich ständig weiter, um den Herausforderungen von Klimawandel, Ressourcenknappheit und Bevölkerungswachstum zu begegnen. Im Zuge dieser Entwicklungen gewinnen alternative Bauweisen zunehmend an Bedeutung. Sie bieten innovative Lösungen, um umweltfreundlicher, nachhaltiger und oft auch wirtschaftlicher zu bauen. Im Folgenden werden einige alternative Bauweisen vorgestellt, die das Potenzial haben, die Zukunft des Bauens zu prägen.
Holzbauweise
Holz ist ein nachwachsender Rohstoff und erfreut sich aufgrund seiner Umweltfreundlichkeit und der guten CO2-Bilanz zunehmender Beliebtheit. Holz kann als Vollholz oder in Form von modernen Holzwerkstoffen wie Brettsperrholz (CLT) verwendet werden.
Nachhaltigkeit: Holz ist ein CO2-neutraler Baustoff, der Kohlenstoff speichert und bei nachhaltiger Forstwirtschaft regenerativ ist.
Leichtbauweise: Holz ist leichter als Beton und Stahl, was die Transport- und Fundamentkosten reduziert.
Gute Dämmeigenschaften: Holz hat von Natur aus gute Dämmwerte und trägt zu einem angenehmen Raumklima bei.
Schnelle Bauweise: Vorfertigung von Holzelementen ermöglicht schnelle Bauzeiten und reduziert die Baukosten.
Anwendungen: Vom Einfamilienhaus bis zu mehrgeschossigen Gebäuden und Hochhäusern, wie zum Beispiel das „HoHo“ in Wien, das zu den höchsten Holzhäusern der Welt gehört.
Modulbauweise
Beim Modulbau werden ganze Raummodule oder Bauteile vorgefertigt und auf der Baustelle zu einem Gebäude zusammengesetzt. Diese Methode wird oft als "Plug-and-Play" im Bauwesen bezeichnet.
Kürzere Bauzeiten: Durch die Vorfertigung in Fabriken können Bauzeiten erheblich reduziert werden.
Kosteneffizienz: Serienfertigung der Module senkt die Produktionskosten.
Flexibilität und Erweiterbarkeit: Gebäude können leicht erweitert oder umgebaut werden, indem Module hinzugefügt oder ausgetauscht werden.
Reduzierte Umweltbelastung: Weniger Abfall auf der Baustelle und bessere Kontrolle der Bauqualität.
Anwendungen: Wohnhäuser, Schulen, Büros und Notunterkünfte; insbesondere in urbanen Gebieten und bei großem Zeitdruck, wie z. B. bei der Errichtung von Krankenhäusern während der COVID-19-Pandemie.
Passivhausbauweise
Das Passivhauskonzept basiert auf einer sehr guten Dämmung, luftdichten Bauweise und Nutzung passiver Energiequellen wie Sonnenenergie und Abwärme. Ein Passivhaus benötigt kaum aktive Heizsysteme.
Vorteile eines Passivhauses
Sehr niedriger Energieverbrauch: Reduzierter Bedarf an Heiz- und Kühlenergie führt zu niedrigen Betriebskosten.
Komfortables Raumklima: Stetige Frischluftzufuhr und konstante Temperaturen sorgen für ein gesundes Wohnklima.
Nachhaltigkeit: Reduzierter CO2-Ausstoß durch minimalen Energiebedarf.
Anwendungen: Besonders geeignet für Wohngebäude, Schulen und Büros, aber auch zunehmend für gewerbliche Bauten.
3D-Druck im Bauwesen
Der 3D-Druck ermöglicht die Herstellung von Gebäudeteilen oder ganzen Häusern durch das schichtweise Auftragen von Material (z. B. Beton oder Kunststoff) nach digitalen Modellen.
Vorteile der 3D-Druck - Bauweise
Zeit- und Kostenersparnis: Der Druck von Gebäudestrukturen geht schneller als bei herkömmliche Bauweisen und spart Arbeitskräfte.
Kreative Freiheit: Komplexe Geometrien und individuelle Designs lassen sich einfach umsetzen.
Weniger Materialverbrauch: Präzises Auftragen von Material reduziert Abfall.
Nachhaltigkeit: Einsatz von recycelten Materialien und lokaler Rohstoffe möglich.
Anwendungen: Der Bau von Einfamilienhäusern, temporären Unterkünften, sozialen Wohnungsbauprojekten und Infrastrukturprojekten wie Brücken. Projekte wie das „TECLA“-Haus in Italien zeigen die Möglichkeiten dieser alternativen Technologie.
Lehm- und Stampflehmbauweise
Lehm ist einer der gesundesten und ältesten Baustoffe der Menschheit und erlebt als Lehmhaus eine Renaissance. Lehm- und Stampflehmbauten bestehen aus natürlichen, lokal verfügbaren Materialien, die ohne künstliche Zusätze verarbeitet werden.
Vorteile der Lehmbauweise
Umweltfreundlichkeit: Lehm ist ein natürlicher, recycelbarer Baustoff mit sehr geringer Grauer Energie (Energie, die zur Herstellung, zum Transport und zur Entsorgung benötigt wird).
Gutes Raumklima: Lehm reguliert Feuchtigkeit und sorgt für eine angenehme Wohnatmosphäre.
Wärmespeicherung: Lehm speichert Wärme und sorgt für ein ausgeglichenes Raumklima.
Schallschutz: Lehmwände bieten gute schalldämmende Eigenschaften.
Anwendungen: Ökologisch orientierte Bauprojekte, historische Rekonstruktionen und nachhaltige Wohnprojekte, insbesondere in warmen Klimazonen.
Häuser aus recycelten Materialien
Diese Bauweise nutzt recycelte oder wiederverwendbare Materialien wie alte Schiffscontainer, Plastikflaschen, Glasflaschen oder Industrieabfälle. Ziel ist es, die Umweltbelastung durch Bauabfälle zu reduzieren.
Vorteile von Häusern aus Recycling-Material
Umweltfreundlichkeit: Wiederverwendung von Materialien reduziert den Ressourcenverbrauch und die Abfallproduktion.
Kosteneffizienz: Günstige Materialien, die oft lokal verfügbar sind.
Kreativität und Individualität: Ungewöhnliche Materialien können zu einzigartigen und kreativen Bauprojekten führen.
Anwendungen: Öko-Häuser, temporäre Unterkünfte, künstlerische und experimentelle Architekturprojekte.
Grüne Architektur und Dachbegrünung
Grüne Architektur umfasst Bauweisen, die auf die Integration von Pflanzen und Grünflächen in und auf Gebäuden abzielen. Dachbegrünungen sind ein typisches Beispiel, bei dem Dächer bepflanzt werden, um ökologische Vorteile zu nutzen.
Vorteile der grünen Architektur
Verbesserung des Mikroklimas: Begrünte Dächer und Fassaden verbessern die Luftqualität und bieten Wärmedämmung.
Regenwasserrückhaltung: Reduzierung der Belastung von Kanalisationen durch Wasserrückhaltung auf begrünten Flächen.
Biodiversität: Schaffung von Lebensräumen für Insekten und Vögel.
Ästhetik und Lebensqualität: Grüne Fassaden und Dächer tragen zur Attraktivität des städtischen Raums bei und bieten Erholungsflächen.
Anwendungen: Urbane Wohngebäude, Bürogebäude, Einkaufszentren und Schulen; besonders in dicht besiedelten, städtischen Gebieten.
Autarke Häuser (Off-Grid)
Autarke Häuser sind so konzipiert, dass sie ohne externe Energieversorgung und Wasseranschluss funktionieren. Sie nutzen erneuerbare Energien, Regenwasser und Recyclingmethoden.
Vorteile autarker Häuser
Unabhängigkeit: Autarke Häuser sind unabhängig von städtischen Versorgungsnetzen.
Nachhaltigkeit: Einsatz von erneuerbaren Energien (Solar, Wind) und effiziente Nutzung von Ressourcen.
Kosteneinsparungen: Langfristige Einsparungen durch reduzierte Betriebskosten.
Anwendungen: Ländliche und abgelegene Gebiete, Ferienhäuser, nachhaltige Lebensgemeinschaften und als Vorbereitung auf Krisenszenarien.
Die Zukunft des Bauens wird von der Notwendigkeit geprägt sein, ressourcenschonend, nachhaltig und anpassungsfähig zu sein. Alternative Bauweisen bieten hier vielfältige Ansätze, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Durch die Kombination innovativer Materialien, Technologien und Konzepte kann die Bauindustrie einen wesentlichen Beitrag zu einer umweltfreundlicheren und resilienteren Zukunft leisten.
Die Exoten unter den alternativen Bauweisen
Häuser aus Glasflaschen
Für den Bau eines kleinen Geräteschuppens oder Gartenhauses können Wände aus Glasflaschen eine kostengünstige Alternative sein, die mit etwas Kreativität auch noch originell aussieht. Auch ein Gewächshaus aus Glasflaschen ist schnell gebaut und hat optimale Eigenschaften für ihre Pflanzen.Für den Bau eines kleinen Geräteschuppens oder Gartenhauses können Wände aus Glasflaschen eine kostengünstige Alternative sein, die mit etwas Kreativität auch noch originell aussieht. Auch ein Gewächshaus aus Glasflaschen ist schnell gebaut und hat optimale Eigenschaften für ihre Pflanzen.
Häuser aus Plastikmüll
Ein deutscher Zimmermann wurde auf seiner Reise durch Südamerika inspiriert und entwickelte eine simple Methode, um aus Plastikflaschen Häuser zu bauen. Er füllt die Flaschen mit Erde, Sand oder Schutt, verschließt sie und verwendet sie dann genau wie herkömmliche Ziegelsteine. Für den notwendigen Halt sorgen eine Schnur oder ein Draht, der die Flaschen verbindet sowie Lehm zum Auffüllen der Fugen. Die Stabilität ist die gleiche wie beim Bauen mit Steinen, und noch dazu bietet das so aufbereitete Plastik eine großartige Isolierung.
Andreas Froese gründete daraufhin eine Firma in Honduras und realisiert seitdem weltweit Projekte - sogar riesige Wassertanks wurden schon aus Plastikflaschen hergestellt. Für ein normales Haus genügen circa 6000 Flaschen und etwas zusätzliches Material für die Konstruktion eines Daches. Damit hilft der Zimmermann in erster Linie Menschen in armen Ländern, die sich ein normales Haus nicht leisten können.
Die Technik des taiwanesischen Architekten Arthur Huang formt die leeren Plastikflaschen zunächst durch Erhitzen so um, dass sie später zu einem wabenförmigen Gebilde zusammengesetzt werden können, was die Statik verbessert.
Earthships
In Nevada, USA gibt es die sogenannten “Earthships”, die weltweit viel Aufsehen erregen. Diese Häuser werden komplett aus Recyclingmaterialien hergestellt, zum Beispiel aus mit Erde gefüllten Autoreifen und Glasflaschen. Windräder und Solaranlagen sorgen für die elektrische Versorgung, Regenwasser wird gefiltert . So sind diese Häuser autark und schützen gleichzeitig die Umwelt.
Das erste Earthship Deutschlands wurde in der Nähe von Stuttgart gebaut. Die Zukunftswerkstatt Schloss Tempelhof holte die notwendigen Genehmigungen der Behörden ein und startete das Projekt. Fünf hauptberufliche Earthship-Bauer aus Amerika und Deutschland und mehr als 50 Freiwillige aus 17 Ländern haben daran mitgearbeitet. Schwieriger als der Bau selbst seien die Vorbereitungen gewesen, sagt der Projektleiter Roman Huber. Denn die Bedingungen in Baden-Württemberg sind anders als in New Mexico - und natürlich auch die gesetzlichen Vorschriften. Da gab es zum Beispiel Probleme mit der Verwendung von Autoreifen, die in Deutschland eigentlich nicht als Baustoffe verwendet werden dürfen.
Wie der Bau durchgeführt wurde, verdeutlicht das nachstehende Video.
Viel Bürokratie und Überzeugungsarbeit war notwendig, um den Reifenbau genehmigen zu lassen. Auch das Wassersystem der Earthships, bei dem jeder Tropfen optimal ausgenutzt wird, traf bei den deutschen Behörden auf Widerstand. Abwasser muss in Deutschland laut Gesetz abgeführt werden, und Regenwasser darf nicht als Trinkwasser verwendet werden. Also gibt es bei der deutschen Version von Earthship vorerst ein herkömmliches Abwassersystem.
Im Großen und Ganzen jedoch zeigten sich die deutschen Behörden recht aufgeschlossen und hilfreich gegenüber diesem zukunftsorientierten Projekt. Der Bau des ersten Earthships wurde wissenschaftlich begleitet und soll in der Zukunft Vorbild für weitere Projekte sein.
Quelle: Tipps24-Netzwerk - HR
Foto: pixabay / CCO Public Domain