So wird das Bauen schneller, genauer und kostengünstiger
Hausbau / Bauplanung: Die Bauwerksdatenmodellierung, auch Building Information Modeling genannt, stellt Baupläne dreidimensional und selbsterklärend dar und ergänzt sie um zusätzliche Informationen wie technische Spezifikationen und Anforderungen, Baukosten oder Zeitabläufe. Die Vorteile: Alle Informationen liegen digital vor und werden in gemeinsamen Modellen anschaulich zusammengeführt. Während der Messe BAU vom 16. bis 21. Januar 2017 in München stellen die Forscher auf der Sonderschau »Fraunhofer StadtLabor – mit Forschung und Entwicklung Lebensräume gestalten« der Fraunhofer-Allianz Bau ihre Projekte rund um BIM vor.
Architekten, Maurer, Sanitärfachleute, Rohrleitungsbauer – beim Hausbau arbeiten zahlreiche Gewerke Hand in Hand. Koordination und Abstimmung sind dabei nicht leicht, die einzelnen Pläne sind schwer zu durchschauen. Dadurch kann es zu Fehlern und Verzögerungen kommen. Die Bauwerksdatenmodellierung, auch Building Information Modeling BIM genannt, soll die Abstimmung vereinfachen. Dabei werden alle Informationen in einem dreidimensionalen Modell zusammengeführt, und zudem um Angaben zu technischen Anforderungen, Baukosten oder Zeitabläufen ergänzt und zentral hinterlegt – es schauen damit alle Beteiligten auf den gleichen, aktuellen Plan und verwenden diesen für ihre Aufgabe. Die Planungen sind somit abgestimmt, Entscheidungen transparenter. Das Bauen wird schneller, genauer und kostengünstiger.
An den jeweiligen Bauteilen können vielfältige weitere Informationen hinterlegt werden, etwa Daten zu Brandschutz, energetischen Kennwerten oder Ökobilanzdaten, Herstellerangaben, Montagehinweisen, Betriebskennlinien oder Wartungsintervallen.
BIM ist ein digitaler Zwilling des Gebäudes
Weitere Informationen lassen sich an den jeweiligen Bauteilen einfügen. »Man schafft mit BIM einen digitalen Zwilling des Gebäudes«, sagt Peter Noisten, Projektleiter am Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP. Das Ergebnis: Man kann das entstehende Gebäude bereits zu einem früheren Zeitpunkt besser visualisieren und Entscheidungen fundierter treffen – die Planungen werden genauer, die Fehlerzahl sinkt.
»BIM in Deutschland« – BIMiD
Forscher der Fraunhofer-Institute für Bauphysik IBP und für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO wollen diese Planungsmethode in Deutschland vorantreiben, praktische Erfahrungen sammeln und Empfehlungen generieren. Daher begleiten sie gemeinsam mit weiteren Partnern im Projekt »BIM-Referenzobjekt in Deutschland BIMiD« zwei Bauprojekte – gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Einen Bau der Volkswagen Financial Services in Braunschweig und das Office-Center Pionierkaserne in Ingolstadt. Ein Referenzprozess des IBP, gemeinsam mit AEC 3 Deutschland GmbH entwickelt und mit dem AHO e.V. abgestimmt, bildet die Planungsschritte gemäß der Honorarordnung der Architekten und Ingenieure HOAI in chronologischer Reihenfolge ab – von der ersten Idee bis zum Rückbau. Seit Mai 2016 steht der Referenzprozess im Internet und wird vom IBP in begleiteten Bauprojekten als Orientierungshilfe für Bauherren und Planer bei der Einführung der BIM-Methode eingesetzt.
»Die Bauherren sind von BIM überzeugt«, sagt Noisten. »Sie können ihre Entscheidungen deutlich früher treffen als bisher, zudem sind die Entscheidungen wesentlich besser.« Günter Wenzel, Abteilungsleiter am IAO, ergänzt: »Auch beim Abgleich der Experten untereinander hat BIM große Durchschlagskraft. Die Fachleute stehen gemeinsam in einer CAVE – also einem Projektionsraum, in dem die Betrachter vollständig in die virtuelle Realität eintauchen können. Hier erleben sie den Planungsstand dank der Virtual Reality-Techniken natürlich und selbsterklärend, langwierige Erklärungen werden überflüssig. Die Effizienz steigt: Wofür man sonst zwei bis drei Treffen brauchte, gelingt nun in einem.«
Mit Daten das Raumklima simulieren
Ein »digitaler Zwilling« hat Vorteile, die weit über die übliche Bauplanung hinaus reichen. So nutzen die IBP-Forscher die virtuellen Pläne, um das Raumklima, Akustik und Energieverbrauch zu simulieren und zu optimieren – und zwar lange, bevor der Grundstein gelegt wurde. »Bislang waren Ingenieure damit beschäftigt, die Pläne von Hand abzutippen. Mit BIM können wir die Daten direkt in die Simulation übernehmen«, so Noisten.
BAU ZEIT – ein Werkzeug auch für kleine und mittelständische Unternehmen
Kleinere Gewerke wie Rohrleitungsbauer kommen jedoch bislang kaum in den Genuss von BIM: Die entsprechende Software lohnt sich für sie nicht. Sie bleiben beim gewohnten Vorgehen in der Planung. Die dort verwendete Software lässt sich jedoch nicht mit der BIM-Software zusammenführen. Das heißt: Der Rohrleitungsbauer hat keinen Zugriff auf den Gesamtplan. Ändert sich etwas an der Planung, so müssen ihm die Informationen gesondert übermittelt werden. Solche Medienbrüche sind eine häufige Fehlerquelle.
Mit ihrem IT-Projekt BAU ZEIT wollen die Forscher am Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg diese Mängel beseitigen und auch kleinen und mittelständischen Unternehmen den Weg zu BIM ebnen. »Wir binden gängige Planungstools wie MS Project oder Excel in die BIM-Software ein«, erläutert Stefanie Kabelitz, Wissenschaftlerin am IFF. »Die Kommunikation wird einfacher, der Planungsaufwand geringer, die Kosten sinken. Wir erwarten, dass die einzelnen Akteure bis zu 30 Prozent Zeit einsparen werden.« Denn BAU ZEIT sammelt alle Informationen zentral und spielt Änderungen an die verschiedenen Akteure zurück.
Bessere Kommunikation mit Nutzern und Bürgern
Nicht nur Fachleute, sondern auch »Baulaien« profitieren von BIM. So lassen sich beispielsweise die Anwender frühzeitig mit einbinden – etwa Ärzte bei einem Klinikbau. Hier bietet das digitale Abbild ein verständliches Visualisierungstool. Auch um Bürgern Bauprojekte näher zu bringen, lässt sich BIM nutzen, wie die Forscher des IAO zusammen mit Kommunikationswissenschaftlern der Uni Hohenheim im Projekt VisB+ herausfanden. Bislang beschlich viele Bürger bei der Vorstellung von geplanten Bauprojekten das Gefühl, geschönte Entwurfszeichnungen vorgelegt zu bekommen. Die Bauwerksdatenmodellierung ermöglicht es nun, ihnen den aktuellen Planungsstand gut verständlich und glaubwürdig in einem virtuellen 1:1-Modell darzustellen.
Quelle: idw / Fraunhofer-Gesellschaft
Foto: pbb