5.000 Jahre wechselvolle WC-Geschichte
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Hausbau / Bad: Durch sanitäre Höhen und Tiefen zum geruchlosen High-Tech-WC
„Hier geht der Kaiser alleine hin“ – diesen Spruch aus Großmutters Zeiten kennen bestimmt noch viele und noch mehr werden hinzufügen: „und nicht nur der Kaiser“. Die Rede ist von dem „stillen“ Örtchen, das wir alle brauchen und regelmäßig besuchen, und zwar am liebsten alleine und unbemerkt. Denn trotz aller Freizügigkeit und Offenheit im Umgang mit dem menschlichen Körper ist die Toilette heute ein absoluter Intimbereich und ein regelrechtes Tabu-Thema, das in der Öffentlichkeit eigentlich nicht stattfindet.Nur sehr wenige Mutige, wie beispielsweise die Star-Regisseur Quentin Tarantino oder der Ausnahme-Fotograf Helmut Newton wagten sich, Hollywoodgrößen wie John Travolta oder provokant gestylte Frauen bei der WC-Benutzung zu zeigen – als effektvolle Stilmittel wohlbemerkt. Ansonsten bleibt das WC fremden Blicken verschlossen. Dass das nicht immer so war, zeigt ein Blick in die Geschichte des WCs:
Erste Toiletten- und Abwassersysteme in der Antike
Ob es nun 4.000 oder 5.000 Jahre her ist, und ob es die Inder, die Chinesen oder die Sumerer waren, die die erste wassergespülte Toilette besaßen, diese Fragen werden viel diskutiert und über ihre Beantwortung sollen die Experten entscheiden. Sicher ist wohl, dass die Griechen bereits um 2.500 v. Chr. Toiletten und Abwassersysteme besaßen, die rund 1.000 Jahre später von den Römern übernommen und weiterentwickelt wurden. So war die Cloaca Maxima, die Entwässerungsanlage des antiken Roms, bis zu 3 m breit und mehr als 4 m hoch. Viele private Häuser und alle Staatsgebäude waren an diese Abwasserleitung, die in den Tiber mündete, angeschlossen. Außerdem errichteten die Römer Latrinen, deren Benutzung allerdings den Reichen vorbehalten war. Nicht alleine, sondern in geselliger Runde wurden hier große und kleine Geschäfte besprochen und erledigt. Zum Säubern dienten Schwämmchen, die in einen Eimer mit Salzwasser getaucht wurden, Wolle oder Stofffetzen.Der Toiletten-Tiefpunkt Mittelalter
Mit dem Untergang des römischen Reiches ging allerdings auch diese Form von früher Sanitärkultur zu Ende, und es folgte in ganz Mitteleuropa eine düstere Zeit in Sachen Körperhygiene: Das Mittelalter stank im wahrsten Sinne des Wortes zum Himmel, denn wassergespülte Toiletten und Abwasseranlagen waren unbekannt. Stattdessen erledigte man seine Notdurft entweder im Freien oder kippte die Fäkalien einfach in die Rinnsteine. Toiletten in Form von Nischen und sogenannte Abtritt-Erker waren eher selten, häufig führten einfach Bodenöffnungen ins Freie. Im 15. Jahrhundert wurde in London die erste öffentliche Toilette errichtet, in der fast 130 Menschen gleichzeitig Platz fanden. So genannte „Grubenräumer“ schaufelten die Exkremente auf Felder, in Senkgruben, Bäche und Flüsse. Die Folge waren schwere Krankheiten, Epidemien und Seuchen, die viele Todesopfer forderten. |
Das „Water Closet“ der Neuzeit
Mit der frühen Neuzeit kam endlich Licht in das Dunkel der WC-Geschichte. Ende des 16. Jahrhunderts erfand der englische Dichter Sir John Harington das erste „moderne“ Wasserklosett, und zwar im Auftrag seiner berühmten Tante, Königin Elisabeth I. Die Erfindung wurde jedoch von seinen Landsleuten als schlechter Scherz belächelt, und trotz eines Buches mit genauer Bauanleitung geriet das erste Wasserklosett der Neuzeit in Vergessenheit. Erst rund 200 Jahre später, 1775, entwickelte der englische Erfinder Alexander Cummings ein Wasserklosett mit dem bis heute gebräuchlichen, S-förmigen Abflussrohr und erhielt das Patent darauf. England wurde im 19. Jahrhundert zu einer regelrechten Hochburg in Sachen „Water Closet“.Die Demokratisierung der Hygiene in Deutschland
Den Zusammenhang von Hygiene und Gesundheit erkannten in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts Wissenschaftler wie Louis Pasteur, der Bakterien und Krankheitserreger erforschte. Die Folge war eine stärkere Forderung nach Hygiene europaweit. Hier trat der Keramikproduzent Villeroy & Boch auf den Plan. Mit seinen leicht und gründlich zu reinigenden Fliesen wurden seit 1870 öffentliche Badeanstalten, Privatbäder und Krankenhäuser eingerichtet. Waschgarnituren gehörten damals seit Jahrzehnten zu seinem Angebot; Sonderanfertigungen gingen an Kaiser und Könige wie Wilhelm I. oder Märchenkönig Ludwig II.Als Keramikspezialist erkannte das Unternehmen das große Marktpotenzial, das im gesamten Sanitärbereich mit Bad, Waschbecken, WC und Fliesen steckte. 1871 wird bereits in den Verkaufsunterlagen ein kleines Sortiment an Urinalen und WCs aus den Werken von Mettlach und Dresden angeboten. Durch die Entwicklung neuer Fertigungsmethoden wie dem Schlickergießverfahren und neuer Materialien wird eine industrielle Produktion möglich. Eine bedeutende Rolle spielte die Material-Innovation des sogenannten „Feuertons“, der sich im Gegensatz zu herkömmlichem Steingut beim Brennen kaum noch verzieht. Mit ihm gelang Villeroy & Boch 1899 die Fertigung großer Stückzahlen von Sanitärware, so dass sie jetzt für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich wurde.
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Toilettenkomfort von heute
Die Bedarfsdeckung zog sich noch weit bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein. Allmählich aber genügte jene nüchterne Funktionalität den Ansprüchen der Konsumenten nicht mehr. Es galt, das Bad als Wohnraum und als Ort der Regeneration neu zu entdecken. Luigi Colani, das Enfant Terrible der Designszene, machte den ersten Schritt mit einem revolutionären Badkonzept, das er 1975 für Villeroy & Boch entwarf. Zum ersten Mal in der Branche wurde ein Designer beauftragt, sich mit den Produkten des Bades und so auch mit dem WC zu befassen. Colani stellte die Bedürfnisse des Menschen in den Vordergrund und designte die Sanitärprodukte nach Maßstäben der Ergonomie. Die Toilette war für ihn in diesem Zusammenhang ein bedeutendes Element, denn gerade hier hielt er Bequemlichkeit und Entspannung für einen wichtigen Faktor und schuf weiche, körperangepasste Formen.Heute hat der Konsument eine breite Wahl an Formen, Farben und zusätzlichem Komfort. Ob er oder sie eine bodenstehende oder wandhängende WC-Variante bevorzugt, hängt von den räumlichen Gegebenheiten und den persönlichen Einrichtungsvorstellungen ab. Darüber hinaus: Kombinationen aus WC und Spülkasten oder Vorwandinstallationen, hinter der die Spüleinrichtung verschwindet. Hinzu kommen die Alternativen: Flachspülklosett mit keramischer Stufe oder Tiefspülklosett mit direktem Zugang ins Siphonwasser.
Mehr Toilettenkomfort durch Innovationen
In den letzten Jahren sind gerade für den Komfort im Badezimmer, im besonderen das WC eine Reihe von Innovationen entstanden. So haben sich die Designer und Techniker vor allem mit der immer knapper werdenden Ressource Wasser befasst. Statt einer Wasserspülung mit neun Liter werden heute Spülungen von sechs bis drei Liter angeboten. Diesen ökologischen Aspekt greift auch CeramicPlus auf, eine Keramikoberfläche, die durch ihre enorme Pflegeleichtigkeit Wasser wie auch Reinigungsmittel sparen hilft. Eine noch höhere Hygiene der Sanitärgegenstände wird mit der antibakteriellen Glasur ActiveCare erreicht, die das Wachstum von Bakterien wirksam verhindert. Allein in Deutschland müssen sich über 10 Mio. Haushalte mehrere Personen ein WC teilen. Eine neue Dimension des Badkomforts eröffnet hier das PurAir WC. Mit einer integrierten Technologie bekämpft es lästige Gerüche. Mithin der ultimative Komfort – und dennoch arbeiten die Kreativen aus Technik und Design fieberhaft an weiteren Innovationen.Text & Photoquelle: Villeroy & Boch