Architektur im globalen Umfeld
Ziegel Zentrum Süd e.V.: Professoren diskutieren neue Herausforderungen des Bauens
Ökologisches bauen: Erderwärmung und explodierende Energiekosten - Probleme, die vielerorts noch durch Kriege, Umweltverschmutzung und Nahrungsmittelknappheit verschärft werden. Sie erfordern globale Lösungsansätze und einen bewussten Umgang mit den vorhandenen Ressourcen. Die damit verbundenen Herausforderungen an die Architektur standen im Mittelpunkt der diesjährigen Professoren-Tagung des "Ziegel Zentrum Süd". Bei der Tagung in Darmstadt wurde jetzt auch die Entwicklung des vom Bund geplanten Nachhaltigkeitszertifikates präsentiert. Zudem wurden neben den Potentialen von Sonnenhäusern auch die Entstehung einer Siedlung in Peking und ein Hochschulprojekt in Simbabwe vorgestellt. Eine Einführung und Besichtigung der lokalen Architektur Darmstadts rundete das zweitägige Programm ab.Zeitgenössische Architektur muss viele, zum Teil gegensätzliche Anforderungen bewältigen: Die globale Erderwärmung erfordert weltweit ein Umdenken beim Planen und Bauen. Dramatische Umweltverschmutzung in manchen Teilen der Welt und die Endlichkeit der verfügbaren fossilen Rohstoffe verschärfen die Situation. Die Vielzahl an Ansprüchen und Herausforderungen thematisierte die diesjährige Professoren-Tagung des Ziegel Zentrum Süd.
Die Organisation aus München widmet sich der Förderung von Lehrenden und Studierenden der Architektur und des Bauingenieurwesens und rückt dabei die Potentiale des Baustoffes Ziegel in den Vordergrund. Rund 50 Professoren der Architektur und des Bauingenieurwesens trafen sich zur Tagung im Fraunhofer Institut IGD in Darmstadt. "Diese Kooperationsveranstaltung mit dem Institut für Massivbau der TU Darmstadt bot ein breites Spektrum an fachübergreifend relevanten Themen und stellte eine Reihe von sehr unterschiedlichen Lösungsansätzen für brisante Probleme dar", erklärt Diplom-Ingenieurin Waltraud Vogler, Geschäftsführerin des Ziegel Zentrum Süd.
Nachhaltigkeit im Fokus
Die Endlichkeit der Ressourcen und die Grenzen des Wachstums erfordern auch ein Umdenken bei der Energieversorgung von Wohnhäusern. Passivhäuser und Sonnenhäuser setzen in dieser Hinsicht neue Standards. Über die unterschiedlichen Funktionsweisen referierte Diplom-Ingenieur Georg Dasch vom Sonnenhaus-Institut in Straubing. Er beschrieb ausführlich die Vor- und Nachteile der beiden Konzepte und zeigte Potentiale der Energieeinsparung auf. Einen breit angelegten Ansatz zur Bewertung von Gebäuden bietet die "Nachhaltigkeitszertifizierung", die im Januar 2009 bundesweit eingeführt werden soll. Sie erweitet die Kriterien bei der Gebäudeplanung von der Anforderung an die Energieeffizienz auf eine Vielzahl von wesentlichen Aspekten. Professor Carl-Alexander Graubner von der TU Darmstadt stellte die Grundzüge der Zertifizierung im Sinne einer ganzheitlichen Gebäudeperformance vor. Sie wird vom Bundesministerium Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) entwickelt. "Die Vorteile des Mauerwerksbaus - insbesondere mit dem Baustoff Ziegel - sind planenden Architekten und Ingenieuren bekannt und bei Bauherren beliebt. Die Vorteile werden sich hinsichtlich der betreffenden Aspekte auch in guten Zertifizierungsergebnissen widerspiegeln", resümiert Professor Graubner in seinem Beitrag zur Tagungsbroschüre.Internationale Projekte in Ziegelbauweise
Den vielseitigen Einsatz des Baustoffes Ziegel zeigten ganz unterschiedliche Projekte auf, die im Rahmen der Tagung vorgestellt wurden. Ein Beispiel der Hochschularbeit, das das Potential der nackten Erde und der Sonne als Reichtum begreift und die Beschränkung der Mittel als Chance und Ansporn für funktionale Raumbildung und -kunst nutzt, stellt eine Schulerweiterung in Simbabwe dar. Das Projekt wurde von der Projektleiterin Diplom-Ingenieurin Barbara Schelle vom Lehrstuhl für Raumkunst und Lichtgestaltung der TU München in einem Vortrag und einem Film gezeigt. Die Schulerweiterung durch Entwurfsstudenten der TU München greift die traditionelle Ziegelbauweise auf und wurde gemeinsam mit den Menschen vor Ort geplant und gebaut. Während diese Schule weit abgelegen im ländlichen Gebiet liegt, steht Architektur anderenorts in einem stark besiedelten Umfeld: Die Urbanisierung im Umkreis von Peking hat im angrenzenden Künstlerdorf Caochangdi zu einem ganz eigenen Baustil geführt. Hier entwirft und baut der Künstler und Architekt Ai Weiwei mit seiner Firma FAKE Design Bauwerke aus Sichtziegel als Wohn-und Atelierhäuser in kubischem, reduzierten Stil, der von den Dorfbewohnern kopiert wird. Dr.-Ing. Eduard Koegel präsentierte bei der Tagung den Arbeits- und Architekturstil des Künstlers, der nicht nur auf lokaler sondern auch auf internationaler Ebene für Diskussionsstoff sorgt.Weitere Themen der Tagung waren die Geschichte und die Entwicklung Darmstadts. Professor Arno Lederer von der Universität Stuttgart berichtete sehr anschaulich über die Sanierung und den Umbau des Staatstheaters in Darmstadt durch das Architekturbüro Lederer Ragnarsdóttir Oei. Er führte am nächsten Tag persönlich durch das ganze Gebäude, das mit äußerst knappen Mitteln eine ungeheure Wandlung erfahren hat. Professor Werner Durth von der TU Darmstadt, hielt einen allseits beachteten Vortrag zur Geschichte und Entwicklung Darmstadts zwischen Lebensreform und Wiederaufbau. Er faszinierte die Teilnehmer bei seiner Führung über die Mathildenhöhe - trotz der Hitze des Tages - bis zur letzten Minute durch seinen überaus kenntnisreichen und umfassenden Bericht. "Unsere an sich hohen Erwartungen sind bei Weitem übertroffen worden. Die Professorentagung 2008 bot Highlights, die im nächsten Jahr nur schwer getoppt werden können", fasst Architektin Waltraud Vogler vom Ziegel Zentrum Süd in ihrem Fazit zusammen.
Quelle: Ziegel Zentrum Süd e.V.