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Konsequenter Lobbyismus der Energie-Lobby oder Eigenverbrauchs-Idiotie der neuen Bundesregierung?

Konsequenter Lobbyismus der Energie LobbyEnergie / Strom:  Laut Koalitionsvertrag von Union und SPD soll die gesamte Eigenstromerzeugung an der EEG-Umlage beteiligt werden. Die neue Bundesregierung macht somit keinen Unterschied zwischen Strom, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, und solchem, der durch Kohle oder Gas erzeugt wird. Zu dieser Idiotie gesellt sich ein gravierender Widerspruch: Stromerzeugung, die die Umwelt schont, die Netze entlastet und für die keinerlei Einspeisevergütung gezahlt wird, soll kostenpflichtig werden!

Entsolidarisierung

Gleichzeitig springen zahlreiche Medien und Parteien auf das Totschlagargument „Entsolidarisierung“ an: Wer seinen selbst erzeugten Strom selbst verbraucht, „entsolidarisiert“ sich mit allen anderen Stromverbrauchern und somit mit der gesamten Gesellschaft. Großkonzerne mit eigenem Kohle- oder Gaskraftwerk und Privatpersonen oder Kleingewerbe mit eigener Photovoltaik-Anlage werden so undifferenziert über einen Kamm geschert. Über die Höhe der geplanten Bagatellgrenze kann bislang nur spekuliert werden.


Dabei hat die Bundesregierung den Eigenverbrauch sogar aktiv gefördert, um Anlagenbetreiber von dezentralen PV-Anlagen zu motivieren, den lokal erzeugten Strom verbrauchsnah zu verwenden und nicht komplett ins Netz einzuspeisen. Einerseits sollten dadurch die Netze entlastet und andererseits die Menge an nach EEG vergütetem Strom reduziert werden. Die Absicht dahinter: Den Ausbau der erneuerbaren Energien, speziell der Solarenergie, so günstig wie möglich zu gestalten.

Durch die drastische Verringerung der Einspeisevergütungen hat sich die Motivation der Anlagenbetreiber inzwischen komplett gedreht. Eine PV-Anlage macht heute betriebswirtschaftlich am meisten Sinn, wenn ein möglichst hoher Prozentsatz des selbst erzeugten Stroms auch lokal verwendet wird. Nur noch Überschüsse werden eingespeist. Somit ist das Eigenverbrauchsmodell der eigentliche Treiber des von der Bundesregierung gewünschten Zubaus von Solar-Anlagen.

Die Politik hat genau das erreicht, was sie wollte

Das Eigenverbrauchsmodell hat sich im Solarbereich für neue Dachanlagen – zumindest bei Anlagengrößen bis 250 Kilowatt – durchgesetzt. Die Einspeisevergütungen wurden drastisch reduziert und der weitere Ausbau der Photovoltaik ist kaum mehr ein Kostenfaktor in Bezug auf die EEG-Umlage. Und obwohl die Bundesregierung ihre Ziele erreicht hat, soll der Eigenverbrauch selbst erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energien nun mit einer Abgabe belastet werden! Mit dieser direkten Besteuerung nimmt die Politik einem potentiellen Anlagenbetreiber jegliche Motivation, eine PV-Anlage aufzubauen und zu betreiben.

Das ist in etwa so, als wollte man den Kunden der Deutschen Bahn mit einer Zusatzabgabe pro gefahrenem Kilometer belasten, da er sich dem „Solidarsystem“ der Autofahrer, also der Straßennutzer, entzieht. Oder so, als ob man den Autofahrer mit einer Zusatzabgabe auf den Liter Benzin belasten würde, da er sich mit jedem Kilometer Autofahrt dem „Solidarsystem“ der Bahnfahrer beziehungsweise des öffentlichen Nahverkehrs entzieht. Das wäre weder logisch noch durchsetzbar!

Die angedachte „Eigenverbrauchs-Steuer“ für erneuerbare Energien ist erst recht kategorisch abzulehnen, wenn man bedenkt, was die lokale Nutzung selbst erzeugten Stroms eigentlich bedeutet: Wer in eine PV-Anlage investiert, um möglichst viel selbst erzeugten Strom selbst zu verbrauchen, reduziert seine Bezug von Netzstrom. Der Aufbau und Betrieb einer Photovoltaikanlage ist damit als klare Energiekosten-Sparmaßnahme einzuordnen und somit anderen Energieeffizienzmaßnahmen gleichzustellen.

Andere Maßnahmen zur Energieeinsparung und somit auch zur Kosteneinsparung werden gleichzeitig von der Regierung aktiv gefördert, beispielsweise der Austausch eines ineffizienten Kühlschranks oder der Einsatz energieeffizienter Beleuchtung. Diese Förderung ist legitim und angebracht, da der Energieverbrauch aus Umwelt- und wirtschaftlichen Aspekten dringend gesenkt werden muss. Für jeden Euro Fördergeld werden mehrere Euro an Investitionen angereizt, wodurch alleine die zusätzlichen Mehrwertsteuereinnahmen die Ausgaben der Förderung wieder wettmachen.

Paradigmenwechsel im Bereich des Eigenverbrauchs

Aber ausgerechnet der von der Politik selbst vorangetriebene Paradigmenwechsel im Bereich des Eigenverbrauchs von lokal erzeugtem Strom soll hier nicht nur nicht gefördert, sondern durch eine Sonderbesteuerung sogar benachteiligt werden. Dies ist weder klimapolitisch noch energiepolitisch begründbar. Einerseits fördert der Staat aktiv Energieeffizienzmaßnahmen wie den Einbau von LED-Technik und andererseits werden Maßnahmen zur Energiekosteneinsparung mit hohem privatem Risiko, wie der Aufbau und Betrieb einer PV-Anlage, sogar zusätzlich besteuert!

Dieser Widerspruch kann auch durch die Begründung mit der vermeintlichen „Entsolidarisierung“ nicht aufgelöst werden. Beide Maßnahmen haben im Ergebnis die gleiche Wirkung: Der Investor, egal ob er in neue Beleuchtung, einen neuen Kühlschrank oder eine PV-Anlage investiert, reduziert seinen Strombezug und somit seine laufenden Energiekosten. Dies ist umweltpolitisch sinnvoll, klimapolitisch gewollt und energiepolitisch notwendig, wenn die Ziele einer Umstellung auf mehr als 95 Prozent erneuerbare Energien im Jahre 2050 erreicht werden sollen. Dass eine Maßnahme besteuert und die andere gefördert wird, ist rational nicht begründbar.

Wieder einmal eine Regierungsvorlage, die juristisch höchst fragwürdig ist

Die Erhebung der EEG-Umlage auf selbst erzeugten und lokal verbrauchten Strom ist auch aus juristischen Gründen höchst fragwürdig, denn sie bedeutet nichts anderes als die Umkehrung des Verursacherprinzips.

Die EEG-Umlage ist das Resultat der gesamten erhaltenen Einspeisevergütungen aller Betreiber abzüglich der Vermarktungserlöse dieses Stroms als Graustrom an der Strombörse umgelegt auf alle Stromverbraucher, die nicht als Sonderabnehmer von der Zahlung der EEG-Umlage ausgenommen sind. Einzig und allein der ins öffentliche Stromnetz eingespeiste Strom wird nach dem EEG vergütet und ist damit eine Belastung für das EEG-Umlagekonto.

Selbst erzeugter Strom, der selbst verbraucht wird, wird nicht ins öffentliche Netz eingespeist und somit auch nicht im Rahmen des EEG vergütet. Er erzeugt keinerlei Kosten. Es soll also eine EEG-Umlage auf Strom erhoben werden, der nicht nach dem EEG vergütet wird!

Den Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien zu besteuern ist eine klare Ansage gegen die Energiewende. Kohle-, Gas- und Atomlobby können also einen Sieg feiern, der die nachhaltige Entwicklung der Industrienation Deutschland zurückwirft. Das einstige Vorbild in Sachen Energiewende stürzt im Klimaindex von Germanwatch von Platz 8 in 2012 auf Platz 19 in 2013. Ein Aufwärtstrend ist bei den bislang veröffentlichen Maßnahmen der Großen Koalition nicht in Sicht.

Quelle: PresseBox / SiG Solar GmbH
Foto: Bundesregierung / Bergmann, Guido