LichtAktiv Haus von Velux auf dem Prüfstand
Energie / Energie sparen: Mit dem LichtAktiv Haus zeigt VELUX beispielhaft, dass sich höchster Wohnwert bei gleichzeitiger Energieautarkie auch im Bestand verwirklichen lässt. So wird die im Gebäude benötigte Energie inklusive des Haushaltsstroms vollständig durch erneuerbare Energien erzeugt. CO2-neutrales Wohnen im modernisierten Siedlerhaus ist damit erstmals möglich. Zugleich sorgt eine anspruchsvolle Tageslichtarchitektur für Wohlbefinden und Behaglichkeit.
Nun ist eine in einem mehrstufigen Verfahren unter zahlreichen Bewerbern ausgewählte Familie dort eingezogen und wird im Rahmen eines Wohnexperiments das VELUX LichtAktiv Haus zwei Jahre lang auf Herz und Nieren testen. Dabei verbindet das Konzept für das begleitende wissenschaftliche Monitoring erstmals quantitative und qualitative Untersuchungsmethoden. In den kommenden beiden Jahren wird ein interdisziplinäres Forscherteam aus Architekten und Soziologen sowie Gebäude- und Solartechnikern der Technischen Universitäten Braunschweig und Darmstadt sowie der Humboldt-Universität zu Berlin untersuchen, wie das als Nullenergiehaus konzipierte Gebäude im täglichen Betrieb funktioniert und ob die theoretischen Berechnungen den tatsächlichen Lebensgewohnheiten einer vierköpfigen Familie standhalten.
Wohnkomfort und Energieeffizienz im Fokus
Das LichtAktiv Haus ist Teil des internationalen VELUX Experiments Model Home 2020, in dessen Rahmen das Unternehmen auf der Suche nach dem Bauen und Wohnen der Zukunft europaweit sechs Konzepthäuser umsetzt. Beim deutschen Beitrag handelt es sich um ein in Hamburg Wilhelmsburg gelegenes, typisches Siedlerhaus aus den 50er Jahren, das im Rahmen der Internationalen Bauausstellung IBA Hamburg als Nullenergiehaus modernisiert wurde. Dabei verbindet das LichtAktiv Haus beispielhaft intelligentes Energiedesign mit höchstem Wohnwert. Eine anspruchsvolle Tageslichtarchitektur versorgt das Gebäude mit viel Licht und frischer Luft und sorgt für Wohlbefinden und Behaglichkeit. Gleichzeitig unterstützen solare Energieeinträge durch die von 18 auf 93 Quadratmeter erweiterte Fensterfläche die Heizung und in den tageslichtdurchfluteten Räumen kann auch an trüben Tagen meist auf künstliche Beleuchtung verzichtet werden. Ein neu errichteter Anbau bietet zusätzliche Wohnfläche und steht darüber hinaus im Mittelpunkt des innovativen Energiekonzeptes: Die auf dem Dach des Anbaus installierten Photovoltaik-Module und Solarthermie-Kollektoren erzeugen in Kombination mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe die im LichtAktiv Haus für Heizung, Warmwasser und Strom benötigte Energie und ermöglichen in der Jahresbilanz einen CO2-neutralen Betrieb. Da das LichtAktiv Haus sogar mehr Energie erzeugt, als von seinen Bewohnern und dem Gebäude selbst theoretisch verbraucht wird, können außerdem auch Emissionen, die durch Herstellung, Instandhaltung und Entsorgung der Gebäudekonstruktion anfallen, mit fortschreitendem Betrieb abgebaut werden. Rein rechnerisch erreicht das LichtAktiv Haus dadurch nach 26 Jahren ein neutrales Treibhauspotential – so das Ergebnis der von der TU Darmstadt erstellten Ökobilanz.
Zweijährige Testphase verbindet quantitative und qualitative Forschung
Nachdem das VELUX LichtAktiv Haus in den vergangenen elf Monaten unter anderem für exklusive Fachveranstaltungen genutzt wurde und für Besichtigungen offen stand, werden die theoretischen Planungen und Berechnungen nun einem zweijährigen Praxistest unterzogen. Um herauszufinden, wie sich die Vision von hoher Wohnqualität mit viel Tageslicht und frischer Luft und die optimale Nutzung erneuerbarer Energie in der Praxis bewährt, sind Anfang Dezember 2011 Christian und Irina Oldendorf mit ihren beiden fünf und acht Jahre alten Söhnen Lasse und Finn in das LichtAktiv Haus eingezogen. Als Testfamilie werden sie in den kommenden beiden Jahren das Wohnen der Zukunft im LichtAktiv Haus auf die Probe stellen. Begleitet wird dieser Praxistest durch ein umfassendes wissenschaftliches Monitoring der Technischen Universitäten Braunschweig und Darmstadt sowie der Humboldt-Universität zu Berlin. Ziel ist es, die Vielzahl sowohl von neuen als auch bereits in den Markt eingeführten Produkten und Technologien unter realen Bedingungen auf Herz und Nieren zu testen und Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie eine umweltverträgliche Wohnlösung konzipiert sein sollte, die seinen Bewohnern gleichzeitig ein gesundes Raumklima und besten Wohnwert bietet. Hierbei werden nicht nur das Außenklima und die entsprechenden Innenraumwerte quantitativ erfasst und dokumentiert, sondern durch eine qualitative Untersuchung auch ein Bezug zum persönlichen Wohn- und Wohlfühlgefühl der Testfamilie hergestellt.
„Während in der Bundesrepublik mittlerweile die ersten Passiv-, Nullenergie-, und Plusenergiehäuser quantitativ evaluiert werden, um neue Erkenntnisse zu gewinnen, stellt die Erforschung der wahrgenommenen Erfahrungen der Bewohner ein Novum dar“, erklärt Dr. Sebastian Dresse, Geschäftsführer VELUX Deutschland GmbH. „Wir sind sehr stolz darauf, dass wir mit den Lehrstühlen von Prof. Norbert Fisch vom Institut für Gebäude- und Solartechnik der TU Braunschweig, Prof. Manfred Hegger vom Institut für Entwerfen und Energieeffizientes Bauen der TU Darmstadt und Prof. Bernd Wegener vom Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin so hochkarätige wissenschaftliche Kompetenz für unser Projekt gewinnen konnten.“
Quantitative Messungen als Basis für zukünftige Konzepte
Während der zweijährigen Testphase wird das Institut für Gebäude- und Solartechnik der Technischen Universität Braunschweig die Energieerzeugung und den Energieverbrauch laufend messen und die Ergebnisse dokumentieren. Hierfür wurden alle Komponenten, die zur Energieversorgung beitragen, mit einer umfangreichen Mess- und Monitoring-Ausstattung ausgerüstet, sodass sowohl die regenerativen Erträge, als auch der für den Betrieb von Kompressoren und Pumpen benötigte Strom kontinuierlich erfasst werden kann. Auch der Energieverbrauch für die Beleuchtung und alle im Haus angeschlossenen elektrischen Geräte wird separat gemessen und dokumentiert.
Neben der Energiebilanz des LichtAktiv Hauses stehen auch die überdurchschnittliche Tageslichtversorgung und die gesteuerte natürliche Belüftung auf dem Prüfstand. Denn die zu erwartenden Raumkonditionen wurden zwar im Rahmen der Planung rechnerisch ermittelt und mit modernster Simulationstechnik bestimmt. Ob jedoch diese Berechnungen und Simulationen des Innenraumklimas auch tatsächlich zutreffen, muss die Praxis zeigen. Um Aussagen zum Raumklima und zum Wohnkomfort treffen zu können, erfassen Wärme- und Tageslichtsensoren kontinuierlich die Temperatur und Helligkeit in allen Räumen des LichtAktiv Hauses. Darüber hinaus messen CO2-Sensoren und Feuchtefühler die Luftfeuchtigkeit und CO2-Konzentration in der Luft und auch flüchtige organische Verbindungen – sogenannte VOCs – werden durch gesonderte Sensoren erfasst und die Konzentration dieser Luftschadstoffe dokumentiert. Parallel zu dieser automatisierten Datenerfassung über Sensoren, Fühler und Messgeräte wird die Testfamilie ihre Erfahrungen mit der im hohen Maße automatisierten Gebäudetechnik protokollieren. Auch manuelle Eingriffe oder ein mögliches Fehlverhalten der Systeme werden von ihnen dokumentiert.
Die erfassten Daten werden von den Wissenschaftlern der TU Braunschweig bewertet und mit den Prognosen in Bezug gesetzt, um die Energieeffizienz des LichtAktiv Haus zu analysieren. Monatliche Bilanzen fassen die Ergebnisse zusammen und bewerten zudem den Nutzereinfluss. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dazu beitragen, Standards für Produkte und Technologien zu entwickeln, die zukünftige Anforderungen bei maximaler Nutzerfreundlichkeit an ein Gebäude erfüllen.
Wohn- und Wohlfühlgefühl im Fokus der qualitativen Untersuchung
Parallel zu den quantitativen Messungen erfasst ein interdisziplinäres Team aus Architekten und Soziologen der Technischen Universität Darmstadt und der Humboldt-Universität zu Berlin die tatsächlich wahrgenommenen Erfahrungen der Testfamilie über einen Zeitraum von zwölf Monaten. Dabei rechnen die Wissenschaftler damit, im Verlauf des Wohnexperiments einen Wandel in Bezug auf Umweltbewusstsein und Energieverbrauch sowie bei der Wohnzufriedenheit und anderen subjektiven Wohnwertindikatoren feststellen zu können. Um diese Veränderungen festhalten zu können, wurden bereits kurz nach dem Einzug der Familie die ersten Erfahrungen mit dem LichtAktiv Haus in einem Initialgespräch erfasst und auch die Erfahrungen mit ihrer bisherigen Wohnsituation zur späteren Einordnung mit aufgenommen.
In den kommenden Monaten sollen qualitative Interviews Aufschluss über die gefühlte Behaglichkeit und das subjektive Empfinden von Temperatur, Helligkeit oder Lärm geben. Darüber hinaus erfragen die Wissenschaftler, welche Auswirkungen das LichtAktiv Haus auf das allgemeine Wohlbefinden, die Gesundheit und das Zusammenleben der Testfamilie hat. Um eine kontinuierliche Erfassung zu gewährleisten, sind Gruppendiskussionen zu unterschiedlichen Jahreszeiten im LichtAktiv Haus geplant. Zusätzlich sind in monatlichen Intervallen Interviews in Form von Videochats mit der Familie und Erhebungen mittels Online-Fragebögen vorgesehen.
Dabei erhoffen sich die Wissenschaftler unter anderem einen Zusammenhang zwischen dem saisonal und im Tagesverlauf unterschiedlichen Tageslichteintrag in das Haus und dem Tageslichtumgang der Familie nachweisen zu können – also in welchen Räumen sich Kinder und Erwachsene bei welchem Wetter aufhalten. Zudem wird das individuelle Wohn- und Wohlfühlgefühl mit den Ergebnissen der quantitativen Evaluation verglichen und bietet so die Möglichkeit, die theoretischen Annahmen zu überprüfen und die eingesetzte Technik bei Bedarf zu optimieren und weiterzuentwickeln. Gleichzeitig sollen die Untersuchungen im LichtAktiv Haus auch als Basis für eine bundesweite Studie dienen. Ziel des Wissenschaftsteams ist es, Instrumente zur Verlaufsmessung von empfundener Wohnqualität, Wohnbehaglichkeit und anderen subjektiven Wohnwertindikatoren zu entwickeln und im Anschluss eine Umfrage in der Gesamtbevölkerung zum Thema „Wohnen und Umweltbewusstsein“ durchzuführen. Diese soll dazu beiträgt, die grundsätzliche Frage zu beantworten, was in Bezug auf zukünftige Wohnqualität wirklich wichtig ist.
Klimaschutz im Fokus – Wohnqualität inklusive
Mit dem LichtAktiv Haus Experiment gibt VELUX einen Ausblick auf das Bauen und Wohnen der Zukunft und zeigt beispielhaft, wie bei bestehender Bausubstanz Nachhaltigkeit mit den gestiegenen Ansprüchen an Wohnraum verbunden werden kann. Dabei hat das als Nullenergiehaus modernisierte Siedlerhaus hohe Praxisrelevanz, denn vor dem Hintergrund der Klimaschutz-Ziele der Bundesregierung, die bis 2020 Energieeinsparungen im Gebäudebereich von 19 Prozent gegenüber 2005 vorsehen, kommt der energetischen Sanierung des Gebäudebestands eine wichtige Rolle zu. Diese darf jedoch nicht zu Lasten von Wohnqualität oder Gesundheit der Bewohner gehen. Zukunftsweisende Gebäude sollten beides sein: energieeffizient und schonend im Umgang mit den natürlichen Ressourcen und zugleich gesunde, attraktive Lebensräume zum Wohlfühlen mit viel Tageslicht und frischer Luft. Das in dieser Form erstmals durchgeführte Wohnexperiment wird Aufschluss darüber geben, wie sich die VELUX Vision von optimaler Energieeffizienz und attraktivem Wohnwert in der Praxis bewährt und leistet damit einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung von zukunftsfähigen Wohnlösungen, die sich den modernen Arbeits- und Lebensrhythmen einer Familie anpassen und nicht umgekehrt.
Foto: VELUX Deutschland GmbH