Augen auf beim Beleihungswert
Nicht jeder Hypothekenfinanzierer rechnet mit dem vollen Immobilienpreis.
Baufinanzierung: Den Kreditkunden kann dieses Verfahren schnell einige Tausend Euro kosten.
Wer den günstigsten Hypothekenkredit sucht, muss Detektivarbeit leisten. Denn dabei darf man nicht nur auf das Konditionentableau schauen, sondern muss auch hinter die Kulissen der Beleihungspraxis der Kreditinstitute blicken.
Der Preis einer Hypothekenfinanzierung setzt sich aus vielen Bestandteilen zusammen.
Einige wie Nominalzins, Zinsbindungsdauer, Bearbeitungsgebühr oder die Kreditratenverrechnung werden in einer Vergleichsziffer, dem effektiven Jahreszins, zusammengefasst. Damit lässt sich beim Angebotsvergleich aber nur grob die Spreu vom Weizen trennen.
Ein weiterer Preisfaktor ist die Beleihungspraxis des Geldgebers.
Denn sie entscheidet darüber, ob der Kunde an angegebene Zinskonditionen überhaupt herankommt. Das billigste Baugeld gibt es nämlich nur für erstrangig gesicherte Darlehen - Kredite, die im Grundbuch an erster Stelle abgesichert sind. Denn hier ist die Bank auf der sicheren Seite, weil sie bei einer Zwangsversteigerung der Immobilie ihr Geld meist sicher aus dem Erlös zurückbekommt.
Ist der Kredit dagegen nur nachrangig abgesichert, bezahlt der Kunde das höhere Ausfallrisiko mit einem Zinsaufschlag. Meist werden dafür 0,1 bis 0,3 Prozentpunkte mehr an Zinsen fällig - und zwar für den gesamten Kredit. Viele Finanzierer ziehen die Nachranglinie bei einem Darlehensbetrag, der 60 Prozent des Beleihungswertes übersteigt. Andere nennen dagegen gleich mit einer bis 80 Prozent des Beleihungswertes geltende Kondition und verzichten auf Aufschläge.
Bauherren müssen das beim Angebotsvergleich unbedingt beachten. Doch ganz so einfach ist das nicht. Denn selbst wenn verschiedene Kreditgeber die gleiche Beleihungsgrenze in Prozent ansetzen, entspricht das oft nicht dem gleichen Kreditvolumen. Denn je nach dem Verfahren des Geldhauses kann der als Berechnungsbasis angesetzte Beleihungswert unterschiedlich ausfallen. Eine Recherche der FMH-Finanzberatung in Frankfurt ergab 2005, dass nur acht von 96 überprüften Kreditinstituten den vom Kunden für eine Immobilie gezahlten Preis genau eins zu eins als Beleihungswert übernahm. Alle anderen Finanzierer kalkulierten schon bei der Festsetzung des Objektwertes zu Lasten der Kundschaft ein Sicherheitspolster ein - meist zehn bis 20 Prozent Abschlag von den tatsächlichen Objektkosten. Nachlesen kann der Kunde das im Normalfall nirgendwo; diese Praxis regeln interne Beleihungsrichtlinien.
Wie ein Beispiel zeigt, kann der Beleihungstrick für den Bauherrn harte Folgen haben: Angenommen, ein Bauherr kauft ein Einfamilienhaus für 300 000 Euro. Neben dem Ersparten braucht er 175 000 Euro Kredit. Dafür liegen ihm zwei identisch aussehende Angebote vor. Bank A und B bieten bis zur Grenze von 60 Prozent des Beleihungswerts ein Darlehen mit zehnjähriger Zinsbindung für einen Nominalzins von 4,0 Prozent pro anno (Effektzins 4,07 Prozent). Wird die Beleihungsgrenze überschritten, verteuert sich der Zins für die Gesamtfinanzierung bei beiden um 0,2 Prozentpunkte.
Doch nun: Bank A setzt als Beleihungswert den vollen Kaufpreis von 300 000 Euro an, Bank B macht einen Sicherheitsabschlag von zehn Prozent, was den Beleihungswert auf 270 000 Euro drückt. Im Rahmen der erstrangigen Beleihungsgrenze von 60 Prozent finanziert Bank A also 180 000 Euro, Bank B dagegen nur 162 000 Euro. Während der Bauherr bei Bank A mit seinem 175 000-Euro-Kredit die Grenze nicht überschreitet, rutscht er bei Bank B darüber. Die Folge: Der Darlehenszins verteuert sich auf jährlich 4,2 Prozent (effektiv: 4,28 Prozent).
Zwischenergebnis nach zehn Jahren: Bei Bank A steht der Kunde mit 3839 Euro weniger im Soll.
Quelle: Berliner Morgenpost