Stützt die Bundesregierung die Marktmacht der Energiekonzerne?


Marktmacht der EnergiekonzerneEnergie / Strom:  Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) ist erst wenige Monate im Amt, doch schon jetzt macht sich Ernüchterung breit. Nur 18 Prozent der Deutschen sehen in ihm einen größeren Treiber für die Energiewende als in seinem Vorgänger Norbert Röttgen. 55 Prozent sehen keine Fortschritte beim Ausbau von erneuerbaren Energien, Stromnetzen und Speichern durch den neuen Minister. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage unter 1.050 Bundesbürgern, die im Auftrag des Öko-Energieanbieters LichtBlick durchgeführt wurde.

 

"Dass der Minister den Bau neuer Kohlekraftwerke befürwortet und den Zeitplan der Energiewende in Frage stellt, ist enttäuschend. Der kürzlich veröffentliche 10-Punkte-Plan des Ministers gibt keine Antworten auf die Frage nach der strategischen Ausrichtung. Stattdessen überlässt Altmaier das Feld der FDP, die zum Frontalangriff gegen die Energiewende bläst", so Gero Lücking, Vorstand Energiewirtschaft von LichtBlick.

Das Ergebnis ist nicht überraschend. Denn die Bundesregierung betreibt eine Energiepolitik auf Kosten der Verbraucher. Die Strompreise für die Industrie sind derzeit so niedrig wie seit Jahren nicht mehr. Trotzdem entlastet die Regierung viele Unternehmen von den Kosten für neue Stromleitungen und den Ökostrom-Ausbau. "Altmaier und Merkel haben die Großindustrie aus der Verantwortung für die Energiewende entlassen. Die Zeche dafür zahlen die Verbraucher", so Lücking.

Zudem ist die Politik der Regierung von Aktionismus geprägt. So ermöglichte Berlin mit dem neuen Instrument der Marktprämie Anfang 2012 erstmals Wettbewerb um die wirtschaftlichste Vermarktung von EEG-Strom. Auf dieser Grundlage entwickelt LichtBlick derzeit ein Modell, mit dem der Betrieb von Windparks stärker an der Stromnachfrage ausgerichtet und Windenergie zur Stabilisierung der Stromnetze eingesetzt werden kann.

Doch nun will die Regierung die Marktprämie bereits nach acht Monaten massiv kürzen. So werden die Fortschritte bei der Marktintegration torpediert. "Wir brauchen Instrumente wie die Marktprämie, um die erneuerbaren Energien fit für den Strommarkt zu machen. Und wir brauchen Planungssicherheit, um heute Modelle für eine künftige Ökostrom-Vermarktung jenseits staatlicher Förderung zu entwickeln", erläutert Lücking.

Die Energiewende ist schuld am unbezahlbar werdenden Strom, schallt es durch die Republik. Elektrisches Licht in nächtlichen Stunden werde bald zum Luxusgut. Nachdem mit solchen Argumenten zunächst vor allem konservative und liberale Politiker die Energiewende in Frage gestellt haben, meldet sich jetzt die Stromwirtschaft zu Wort. Um bis zu 30 Prozent soll der Strompreis bis 2020 für Privatkunden steigen, prognostiziert der Europa-Chef des Vattenfall-Konzerns, Tuomo Hatakka. Das ist ein Signal.

Was der Schwede dabei verschweigt, sind die Gewinnprognosen, die Vattenfall wahrscheinlich schon hinter verschlossenen Türen berechnet hat. Denn Vattenfall gehört mit RWE, E.on und EnBW zu den vier großen Grundversorgern. Sie teilen sich im Großen und Ganzen den Strommarkt auf und nutzen aus, dass bis jetzt die wenigsten Privatkunden ihre Stromanbieter wechseln. Die Preise, die Vattenfall und Co. ihren Kunden berechnen, sind vielfach überhöht. Rund drei Milliarden Euro haben die privaten Verbraucher deswegen zu viel für die Elektrizität bezahlt. Das Signal von Hatakka ist deutlich: Vattenfall und Co. wollen sich durch nötige Investitionen bei der Energiewende nicht ihre Gewinne vermiesen lassen. Die soll ihrem Willen nach der Privatkunde sichern. So bedeuten bis zu 30 Prozent Strompreissteigerungen in den nächsten acht Jahren auf gut Deutsch: »Wir machen euch den Strom um ein Drittel teurer.« Schuld daran ist jedoch nicht die Energiewende, sondern die Marktmacht der Konzerne.

Quelle: LichtBlick AG / Neues Deutschland
Foto: Dieter Schütz / pixelio.de