Mietpreise explodieren in Deutschland: Was tun gegen immer höhere Mieten?
Immobilienmarkt / Immobiliennachrichten: Das Recht auf Wohnen ist (noch) nicht im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert. Allerdings gibt es einen internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte: Jeder Mensch hat ein Recht auf angemessenen Wohnraum.
Aber durchsetzbar ist dies derzeit eher schwierig, denn seit einigen Jahren steigen die Mieten für privaten Wohnraum vor allem in den Großstädten stetig an. Spitzenreiter bei der Steigerung der durchschnittlichen Preise pro Quadratmeter seit dem Jahr 2008 sind Berlin, Saarbrücken, Heilbronn, Kassel und Regensburg. Alleine in Regensburg stieg der Preis zwischen 2008 und 2019 um 82 Prozent: Von 5,72 Euro auf 9,62 Euro. Die Gründe sind vielfältig.
Großer Zuzug in die Städte und überforderte Kommunen
Der Faktor Arbeit zog in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen in die Städte. Das führte unmittelbar dazu, dass die Kommune mit dem Bauen bezahlbarer Wohnungen nicht mehr hinterherkommen. Die Nachfrage steigt, das Angebot sinkt, was höhere Mietpreise zur Folge hat. Im Jahr 2019 ergab sich folgende Reihenfolge:
• München: 14,90 Euro pro Quadratmeter
• Stuttgart: 12,90 Euro pro Quadratmeter
• Köln: 10,80 Euro pro Quadratmeter
Dabei gilt, dass für Haushalte mit einem geringen Einkommen eine Mietbelastung von über 30 Prozent des Einkommens problematisch sind, denn am Ende bleibt zu wenig von dem verdienten Geld für die Lebensführung übrig. Beispiel: In Regensburg könnte sich jemand mit einem durchschnittlichen Gehalt gerade einmal 57 Quadratmeter Wohnraum leisten. In Berlin sind es 53 Quadratmeter, in Stuttgart nur noch 48 Quadratmeter. Insgesamt sprechen wir von einer Mietpreiserhöhung von deutschlandweit 39 Prozent seit 2008. Zwar hat die Corona-Krise den Trend vorerst gestoppt, doch Experten rechnen langfristig mit einer weiteren Steigerung.
Eines der größten Probleme jedoch ist der private Wohnungsbau. Der kapitalistische Wohnungsmarkt hat kein soziales Ziel, sondern hat die Versorgung zahlungskräftiger Kunden im Blick. Diejenigen, die auf bezahlbaren Wohnraum in Städten angewiesen sind, schauen in die Röhre. Eine ökologisch rationale Investition bedeutet im Kapitalismus stets, dass das eigene eingesetzte Kapital eine durchschnittliche Verzinsung erlebt. Andere Anreize und Ziele gibt es nicht, das gilt auch für den Wohnungsmarkt.
Eine machbare Lösung: Mietpreisbremse
Nicht nur in Berlin, wo die Mietpreisbremse vorerst gescheitert scheint, wird dieses Mittel der Regulierung eifrig diskutiert. Eine Mietpreisbremse wäre ein probates Mittel im Kampf gegen steigende Mieten sowohl im privaten als auch im gewerblichen Sektor:
1. Alle Mietpreise würden auf den derzeitigen Stand eingefroren, es darf keine Mieterhöhungen mehr geben.
2. Darauf folgt der Schutz aller aktuellen Mietverhältnisse und eine Verdrängung der Mieter durch Steigerungen der Mieten wäre ausgeschlossen.
3. Eine solche Begrenzung muss auch für Erstvermietungen gelten. Bislang ist es so, dass der Eigentümer nach dem Neubau quasi jeden Preis verlangen darf, den der Markt hergibt. Stattdessen müssten die Mietpreise bei Erstvermietungen auf dem Niveau der Durchschnittsmiete festgelegt werden.
4. Die Modernisierungsumlage, welche der Mieter bislang lebenslang mit 8 Prozent der Investitionskosten zu tragen hat, muss abgeschafft werden.
5. Alle notwendigen Sanierungen, die aus Klimaschutzgründen notwendig sind, müssen von der öffentlichen Hand getragen werden.
Kapital- und Bankprofite im Wohnungsbau legalisieren
Wer auf sozialen Wohnungsbau setzt, kann dies nicht tun, ohne die Kapital- und Bankprofite auszuschalten. Denn die Renditen der Banken und Grundstückseigentümer sind nachweislich der größte preistreibende Faktor in diesem Bereich.
Arbeitskräftemangel durch zu hohe Mieten?
Das Problem mit den hohen Mieten ist nicht das Problem von Arbeitnehmern allein. 37 Prozent aller deutschen Arbeitnehmer sind in einer Großstadt beschäftigt, aber nur jeder Vierte von ihnen wohnt auch dort. Eine bezahlbare Wohnung am Arbeitsort zu finden, grenzt an ein Glücksspiel wie im Vegas Casino online. Die Mieten steigen schneller, als die Gehälter: Viele Arbeitnehmer sind inzwischen dazu bereit, einen Jobwechsel in Betracht zu ziehen. Jeder zwölfte hat dies bereits getan. Für die Mehrheit der Bevölkerung spielt bei der Jobsuche der bezahlbare Wohnraum die entscheidende Rolle.
Damit wird das alles auch zu einem großen Problem für Unternehmen, die auf gute Arbeitskräfte angewiesen sind. Inzwischen mehren sich die Berichte darüber, dass sich Arbeitnehmer an den Mietkosten beteiligen oder sogar Betriebswohnungen zur Verfügung stellen: Der Fachkräftemangel greift um sich und es wird um jeden Arbeitnehmer gerungen.
Weiterer Lösungsansatz: Ausweitung des Angebots
Statt einer Mietpreisbremse oder gar Enteignungen, die ebenfalls schon diskutiert werden, sehen Marktwirtschaftler in einer Erweiterung des Angebots einen Lösungsansatz. Das muss sich nicht auf Sozialwohnungen beschränken, denn auch die Schaffung von teurem Wohnraum kann eine Entlastung für den Wohnungsmarkt darstellen. Schließlich werden auch dadurch andere, günstigere Wohnungen leer. Es ist allerdings eher fraglich, ob Vermieter in einem solchen Fall auf eine starke Mieterhöhung verzichten, wenn der Wohnraum erst einmal wieder dem Markt zur Verfügung steht.
Die Grundgesetz-Frage
Die Bundestagsfraktion “Die Linke” hat einen Gesetzentwurf formuliert, der die Schaffung eines Artikel 14a im Grundgesetz vorsieht. Hierfür sollen zur Verwirklichung eines Rechts auf Wohnen weitergehende Eingriffe als bisher möglich werden. Besonderen Wert legt die Partei dabei darauf, der Verdrängung Einhalt zu gebieten: Zwangsräumungen zum Beispiel sollen weitestgehend eingeschränkt werden. Auch die Grünen fordern Einschnitte für den privaten Wohnungsbau: “Wir fordern eine Wohngarantie, damit ein weiteres Explodieren der Mietkosten verhindert wird”, so Chris Kühn, Sprecher für Wohnungspolitik.
"Ein derartiges Grundrecht würde den Wertecharakter unserer Verfassung verstärken und den Sozialstaatsgedanken verdeutlichen", meint Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips, der sich ebenfalls für die Erweiterung der Verfassung einsetzt. Da spielt jedoch unter anderem die CDU/CSU nicht mit, die in den Forderungen der Linken, der Grünen und des Mieterbundes reine Symbolpolitik wittert. Und auch die Wohnungswirtschaft übt Kritik. Statt dieser Debatten brauche es jetzt Taten. Dazu gehören laut Auffassung des Lobbyverbandes schnellere Grundstücksvergaben und Genehmigungsverfahren.
Quelle: Tipps24-Netzwerk - HR
Foto: Pixabay / CCO Public Domain / kalhh