Neues Forschungszentrum für Bioenergie in Straubing
Energie / Bioenergie: Zusätzliche Impulse für die Biotechnologie in Deutschland: Im niederbayerischen Straubing entsteht für 20 Millionen Euro ein neues Test-, Versuchs- und Forschungszentrum für nachwachsende Rohstoffe. Wissenschaftler wollen dort auch den Treibstoff der Zukunft entwickeln.
Straubing, Hauptstadt der nachwachsenden Rohstoffe
Das niederbayerische Straubing hat eine Vision: als Hauptstadt der nachwachsenden Rohstoffe Lösungen zu entwickeln für die Zeit nach Erdöl, Erdgas sowie Kohle - und regenerativen Energien sowie nachhaltigen Technologien zu einem breiten Durchbruch zu verhelfen. Mehr als 50 Millionen Euro sind in den letzten Jahren bereits in bundesweit einzigartige Innovations- und Wissenschaftsinseln geflossen. Ein neues, rund 20 Millionen Euro teures Anwendungslabor soll jetzt die Entwicklung nachhaltiger Zukunftsrohstoffe noch einmal beflügeln. Das Geld stellt der Freistaat Bayern für den Bau einer Versuchsanlage zur Verfügung, die vom Schweizer Chemiekonzern Clariant betrieben wird. Der Chemieriese aus der Schweiz zeigt in einer bestehenden Anlage in Straubing bereits, was die Zukunft im großen Stil möglich machen könnte: die Herstellung von Kraftstoffen aus Strohresten.Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner überbrachte die frohe Botschaft jetzt persönlich: Das bayerische Kabinett hat grünes Licht gegeben zum Ausbau des "Biotech and Renewables Centers", das Clariant seit 2012 in Straubing betreibt. Das Unternehmen mit Hauptsitz in der Nähe von Basel forscht in der niederbayerischen Stadt seit drei Jahren Erkenntnisse an den Biokraftstoffen der Zukunft. Biodiesel soll demnach nicht mehr aus Zuckerrüben oder Getreide entstehen, das in direkter Konkurrenz zu Nahrungs- und Futtermitteln steht. Stattdessen kommen Reststoffe der Landwirtschaft zum Einsatz, die sonst keine Verwendung mehr fänden - wie zum Beispiel Stroh.
"Allein mit dem in der EU anfallenden Überschussstroh könnten rund 25 Prozent des für 2020 prognostizierten Benzinbedarfs gedeckt werden", sagt Professor Dr. André Koltermann, der bei Clariant die Forschungsaktivitäten betreut. Durch ein von Clariant entwickeltes und in Straubing angewandtes Verfahren kann aus der unter anderem im Stroh enthaltene Zellulose Bio-Kraftstoff gewonnen werden, der die CO2-Emissionen im Vergleich zu Benzin aus Erdöl um 95 Prozent senkt. 1.000 Tonnen Bioethanol aus Stroh produziert das Schweizer Unternehmen heute jährlich bereits in Straubing. Daimler testet den Kraftstoff der Zukunft bereits in Serienfahrzeugen.
Biobasierte Kunststoffe
Als weitere interessante Anwendung gilt "Bio-Plastik": Brasilien produziert bereits rund 200.000 Tonnen "grünes Polyethylen" aus Ethanol. 150.000 Tonnen Bio-Kunststoffe werden aus Zucker oder Fett fermentiert. "Bei einer weltweiten Kunststoffproduktion von 300 Millionen Tonnen jährlich machen biobasierte Kunststoffe zwar bisher nur einen geringen Anteil aus, es zeigt sich jedoch das enorme Potential", sagt Professor Koltermann. Mithilfe von Enzymen kann die Biotechnologie nach Meinung von Experten der Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit im Alltag sein - wie durch Waschmittel, die auch bei niedriger Temperatur strahlend weiß waschen, und dadurch Energie sparen. Dieses enorme Potenzial soll die neue "biotechnische Demonstrationsanlage" nun erschließen helfen. Das Besondere an dem Projekt: Die Anlage soll Forschungszentren, Unternehmen und auch der EU offenstehen. Von der Vernetzung erhoffen sich Clariant und Bayerns Wirtschaftsministerin zusätzliche Impulse für die Biotechnologie in Deutschland.Biotechnologie ist eine dynamische Wachstumsindustrie
Die Biotechnologie gilt heute als eine der dynamischsten und erfolgreichsten Wachstumsbranchen im Bereich der Naturwissenschaften: "In vielen Bereichen der pharmazeutischen Industrie, der Kosmetik und Körperpflege, bei Wasch- und Reinigungsmitteln, in der Nahrungsmittelindustrie oder auch im Kraftstoffsektor ist Biotechnologie heute nicht mehr wegzudenken", sagt Professor Koltermann. Er ist überzeugt: "Die chemische Industrie wird bei der Kommerzialisierung der industriellen Biotechnologie eine wichtige Rolle spielen. Entscheidend ist der Schritt von der Forschung in den Markt, durch den Bau erster Referenzanlagen". Mit der Förderzusage des Freistaats Bayern ist der Anfang jetzt gemacht. Clariant will nun mit den Detailplanungen beginnen. Wann die neue Anlage in Betrieb geht, steht noch nicht fest.Foto: obx-news