Klimaschutz durch Mieterstrom ist für jeden möglich
Energie / Strom: Mieterstrom aus Photovoltaik ist eine kostengünstige und CO2-neutrale Art, Strom zu erzeugen. Mieterstrom trägt zur Dezentralisierung der Stromversorgung bei. Was auf den ersten Blick logisch und vielversprechend wirkt, entpuppt sich jedoch als oftmals schwieriges und langwieriges Unternehmen.
Bürokratische und steuerliche Hürden verhindern dann, dass ein wichtiger Beitrag, den auch Mieter zur Energiewende beitragen könnten, verwirklicht wird. Hier wird eine wichtige Chance für mehr Klimaschutz vertan, wenn die entsprechenden Vorschriften nicht vereinfacht werden.
PV-Anlagen dienen heute hauptsächlich der Selbstversorgung
Photovoltaik-Anlagen auf Dächern sind heute ein ganz gewöhnlicher Anblick. Ursprünglich wurden diese PV-Anlagen zur Einspeisung in das öffentliche Netz gebaut. Auf Grund der sinkenden Einspeisevergütung änderte sich jedoch vor einigen Jahren die Zielsetzung und die Anlagen dienen nun in erster Linie der Selbstversorgung der Haushalte. Das gewährleistet eine gewisse Autarkie in der Versorgung und garantiert einen Preis für den selbst erzeugten Strom über Jahrzehnte. Strom, der weder gespeichert noch genutzt werden kann, wird dabei meist in das Stromnetz eingespeist, wofür es noch eine Einspeisevergütung gibt, wenngleich diese auch verhältnismäßig gering ist.
Dieser beschriebene Fall trifft allerdings nur zu, wenn der Eigentümer der PV-Anlage auch der Eigentümer des Hauses ist, auf dessen Dach sich die Anlage befindet, und wenn dieser Eigentümer den Strom auch selbst nutzt. Diese Konstellation trifft jedoch bei ca. 60 % der deutschen Haushalte nicht zu. Mieter hatten bislang keine Möglichkeit, PV-Strom zu verwenden, der direkt an ihrem Gebäude erzeugt wird. Um nun diesem überwiegenden Teil der Bevölkerung eine Möglichkeit zu geben, an ihrer Immobilie Strom zu erzeugen und diesen zum größten Teil auch selbst zu nutzen, greift die Idee des Mieterstroms.
Mieterstrom – eine gute Alternative
Im Normalfall wird der Vermieter eine PV-Anlage auf dem Dach seines Hauses installieren und den PV-Strom seinen Mietern anbieten. Der Vermieter wird dabei zum Stromlieferanten, da er in der Regel eine Vollversorgung für die Mieter anbietet. Er liefert dem Mieter also eine Kombination von PV- und Netzstrom an. Auch der Preis wird ein Mischpreis aus beiden Komponenten sein, der in jedem Fall unter dem Preis des lokalen Stromversorgers liegt. Jeder Mieter hat die Möglichkeit zu wählen, ob er den Strom-Mix des Vermieters kauft oder seinen Strom von einem anderen Anbieter seiner Wahl bezieht. Auch ein späterer Wechsel zum Mieterstrom oder eine Abkehr davon ist gesetzlich gewährleistet.
Sehr ähnlich kann das bei Wohnungseigentümergemeinschaften funktionieren. Sollte diese sich eine für eine gemeinsame PV-Anlage entscheiden, wäre beispielsweise die Gemeinschaft der Lieferant von Strom. In diesem Fall würde die WEG praktischerweise der Hausverwaltung oder einen anderen Dienstleister die Abrechnung erstellen lassen.
Natürlich gibt es eine Vielzahl von Varianten, wie Mieterstrom im Detail ausgestaltet werden kann. Das betrifft zum einen die technische Seite mit der Installation des geeigneten Messkonzepts für eine, wie oben beschriebene, Vollstromversorgung oder eventuell nur eine Teilstromversorgung. Zum anderen gibt es verschiedene Muster für die vertragliche Seite. In diesen wird geregelt, wer Stromverbraucher und wer Anlageneigentümer sind. Des Weiteren wird festgelegt, ob der Anlageneigentümer auch deren Betreiber ist, oder ob eventuell eine PV-Anlage technisch untergliedert und einzelne Teile an Bewohner vermietet wird.
Gerade für den Nutzer des PV-Stroms ist der Mieterstrom in den meisten Fällen außerordentlich einfach zu handhaben. Er hat lediglich einen Vertrag mit dem Versorger, welcher der Betreiber der PV-Anlage ist. Um EEG-Umlage, Steuern und die Meldepflicht der Anlage bei den erforderlichen Stellen muss sich dafür der Betreiber bzw. Eigentümer der Anlage kümmern. Die professionellen Energieberater des Deutschen Energieberater-Netzwerks bieten hier in jedem Fall eine erste Anlaufstelle.
Dank der mittlerweile niedrigen Modul- und Speicherpreise lohnt sich die Photovoltaik in nahezu jedem Fall. Der Strompreis für den selbsterzeugten Anteil ist allein durch die Anschaffung der PV-Anlage bestimmt. Der externe Netzstromanbieter kann den Preis nur für den Anteil erhöhen, den er liefert.
Überblick der wesentlichen Vorteile:
- Kosten mindernd wirkt sich ein Mieterstromzuschlag aus
- Der PV-Strom ist umweltfreundlich, weil bei der Stromproduktion keine Treibhausgase freigesetzt werden. Dies verschafft den Nutzern die Gewissheit, aktiv zur Energiewende und zum Klimaschutz beizutragen
- Enorme Mengen an Dach- und Außenwandflächen können für die Stromerzeugung genutzt werden. D. h. künftig notwendige Solarparks auf der grünen Wiese können weitgehend entfallen, was den Flächenverbrauch reduziert
- Der PV-Strom, der an der Immobilie erzeugt und genutzt wird, wird bei der energetischen Berechnung der Gebäude gemäß Energieeinsparverordnung angerechnet
- Im Rahmen der Inanspruchnahme von Förderprogrammen - beispielsweise der KfW für Neubau und Sanierungen lassen sich bessere Effizienzklassen der Gebäude erzielen, womit die staatlichen Zuschüsse steigen.
- Interessant ist die Kombination mit dem Betrieb von Wärmepumpen oder Elektroautos. Hier lassen sich mittels selbst erzeugtem Strom die Betriebskosten deutlich senken. Ganz konkret könnte man Autostellplätze mit PV-Modulen bedecken. Bei einer Stellplatzgröße von 3 mal 6 Metern wäre es möglich, Strom für ca. 10.000 km Fahrstrecke pro Jahr für einen Elektrokleinwagen zu erzeugen.
Zurzeit sind in Deutschland PV-Anlagen mit einer Leistung von ungefähr 46.000 MW in Betrieb. Nur ca. 16 MW davon sind bei der Bundesnetzagentur als Mieterstromanlagen gemeldet. Das sind nur 0,03 % der gesamt installierten Kapazität. Aber nur mittels Mieterstrom, der übrigens auch von den Mietern gegenüber den Vermietern angeregt werden kann, ist die Energiewende bei der Stromerzeugung zu einem Bürgerprojekt geworden. Das noch nicht ausgeschöpfte Potential ist immens.
In der Vergangenheit haben die meisten umweltbewussten Bürger aus Frust vor den bürokratischen Hürden vom Mieterstrom abgesehen. Um genau diesen Frust abzubauen und auf diesem Gebiet die Energiewende zu beflügeln und den Mieterstrom zum Durchbruch zu verhelfen, will das Deutsche Energieberater-Netzwerk einen Maßnahmenkatalog erarbeiten.
Autor: Siegfried Mayr (DEN-Arbeitskreis Mieterstrom)
Foto: TÜV Rheinland