Immobilie geerbt, was nun?
Immobilienmarkt / Immobiliennachrichten: Eine Immobilie zu erben kann durchaus einige Komplikationen mit sich bringen. Relativ einfach, aber nicht unkompliziert ist die Situation, wenn ein Erbe allein der Nutznießer ist. In diesem Fall sind hauptsächlich die Vorschriften der Erbschaftsbesteuerung von Bedeutung. Problematischer wird es jedoch, wenn die Immobilie einer Erbengemeinschaft zufällt. In diesem Beitrag wollen wir auf die wichtigsten Aspekte der Vererbung einer Immobilie eingehen, ohne in eine Rechtsberatung abzugleiten. Hierfür sind spezialisierte Rechtsanwälte die richtigen Ansprechpartner.
Alleinerbe muss Erbschaftssteuer bezahlen
Das Erbschaftsteuergesetz unterscheidet bei Alleinerben einer Immobilie nach dem Grad der Verwandtschaft. Grundsätzlich bleibt die Erbschaft steuerfrei, wenn der Erbende nach der Übernahme der Erbschaft noch 10 Jahre in der Immobilie wohnen bleibt. Die Immobilie darf während dieser Zeit nicht vermietet werden, auch eine Nutzung als Zweitwohnung führt zum Verlust der Steuerbefreiung. Dieses gilt uneingeschränkt, wenn der Erbe Ehegatte oder Lebenspartner der oder des Verstorbenen ist.
Ist der Erbe / die Erbin Kind oder Enkel des Verstorbenen, tritt als zusätzliche Beschränkung die Größe der Wohnung / des Hauses auf den Plan. Kinder dürfen nur steuerfrei erben, wenn die Wohnfläche maximal 200qm beträgt. Geht die Größe des Wohneigentums darüber hinaus, so muss der Mehrwert entsprechend versteuert werden.
Ist der Erbe eine Schwester oder ein Bruder des Erblassers, so gelten andere Gesichtspunkte. Geschwister haben einen Freibetrag von 20.000 €, ist der Wert der Immobilie höher, muss der übersteigende Anteil versteuert werden. Für die Immobilienbewertung im Rahmen einer Erbschaft ist daher meist das Gutachten eines Sachverständigen erforderlich.
Mehrere Erben bilden eine Erbengemeinschaft
Tritt der Fall ein, dass mehrere Erben erbberechtigt sind, so bilden sie eine Erbengemeinschaft. Diese Erbengemeinschaft ist eine Konstruktion, die nur auf einen bestimmten Zeitraum installiert wird und deren Ziel es ist, sich schnellstmöglich, nach Verteilung des Erbes, wieder aufzulösen. Die nachstehende Grafik verdeutlicht die Aufgaben der Erbengemeinschaft von der Entstehung über die Verwaltung bis hin zur Auflösung.
Grafik: Copyright Dr. jur. Stephan Seitz
Alle Erben verwalten bis zur Auflösung der Gemeinschaft den Nachlass, in unserem Falle also die Immobilie, gemeinsam. Im einfachsten Fall wird die Immobilie verkauft und der Erlös entsprechend der jeweiligen Erbquote unter den Mitgliedern der Erbengemeinschaft aufgeteilt.
Vorab muss allerdings die Erbengemeinschaft als neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen werden, da sonst ein Verkauf nicht möglich ist. Die Eintragung in das Grundbuch ist in den ersten beiden Jahren nach dem Erbfall kostenfrei möglich.
Es ist auch zweckmäßig, auf jeden Fall einen Erbschein zu beantragen, in dem die Quoten der einzelnen Immobilienerben geregelt sind. Das erspart eventuelle Auseinandersetzungen nach dem Verkauf der Immobilie. Jedes einzelnes Mitglied der Erbengemeinschaft kann für sich selbst oder die Gemeinschaft einen Erbschein beantragen.
Verwaltung und Verkauf der Immobilie durch Erbengemeinschaft
Gerade die Erbschaft einer Immobilie durch eine Erbengemeinschaft führt in der Praxis immer wieder zu Streitigkeiten. Je nach Anzahl der Mitglieder der Erbengemeinschaft werden verschiedene Interessen eine Rolle spielen. Der eine will die Immobilie verkaufen, der andere vermieten, der dritte selbst darin wohnen und der vierte den Familienbesitz unbedingt erhalten. Alle diese Interessen unter einen Hut zu bringen ist nicht immer einfach. Es gibt genügend Fälle, in denen sich Familien auf Lebenszeit durch eine solche Erbschaft zerstritten haben.
Die Verwaltung der Immobilie muss von allen Miterben gemeinsam durchgeführt werden. Das kann bei einer größeren Erbengemeinschaft schon allein daher zu komplizierten Verfahrensfragen kommen. Es bietet sich an, für diesen Fall einen der Erben zum Verwalter zu bestimmen. Dies ist allerdings nur einstimmig möglich.
Für jeden Miterben besteht die Möglichkeit, den Verkauf des Erbteils individuell in die Wege zu leiten. In der Regel erfolgt der Verkauf an einen Miterben. Es steht aber keine gesetzliche Vorschrift im Wege, wenn der Erbteil an einen Fremden veräußert wird. Allerdings haben die Miterben allein oder als Gemeinschaft ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Dies muss innerhalb von zwei Monaten nach Kenntnisnahme des Kaufvertrages mit dem „Fremden“ ausgeübt werden.
Am Ende steht die Teilungsversteigerung
Da die Zielsetzung einer Erbengemeinschaft eigentlich ihre Auflösung und die Aufteilung des Nachlasses ist, sollte im gemeinsamen Interesse eine schnelle Lösung gefunden werden. Wenn sich die Erben nicht auf eine gütliche und einvernehmliche Regelung für die Aufteilung der geerbten Immobilie einigen können, bleibt als letzter Ausweg nur die Teilungsversteigerung. Die Teilungsversteigerung ist eine besondere Form der Zwangsversteigerung, hier wird in den meisten Fällen nicht der tatsächliche Wert der Immobilie erlöst. Zudem ist eine solche Versteigerung mit erheblichen Kosten verbunden. In der Teilungsversteigerung können die Erben mitbieten, um so vielleicht günstiger an die gesamte Immobilie zu kommen. Allerdings hat der Gesetzgeber auch hier ein Vorkaufsrecht für die Miterben eingeräumt.
EU-Erbrecht neu geregelt
Für alle Erblasser und ihre Erben gilt seit zwei Jahren ein neues EU-Erbrecht. War es bisher so, dass ein Deutscher, der innerhalb der EU über Immobilienbesitz verfügt, nach seinem Tode nach deutschem Erbrecht behandelt wurde, so hat sich das grundlegend geändert. Innerhalb der EU gilt jetzt das Erbrecht des Staates, in dem der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers gelegen ist. Das kann bedeuten, dass z.B. ein Pflichtteil im Rahmen der Erbschaft nicht mehr ausgezahlt werden kann, weil es diese Regelung im Gastland des Erblassers gar nicht gibt.
Dieser Regelung kann man durch ein Testament oder einen Erbvertrag ändern, wenn in diesen Dokumenten ausdrücklich (notariell beglaubigt) festgelegt wird, dass in jedem Erbfall ausschließlich das deutsche Erbrecht gelten soll. Das muss dann auch in den anderen EU-Staaten anerkannt werden. Wer sich also in einer solchen Situation befindet, sollte anwaltlichen oder notariellen Rat in Anspruch nehmen.
Quelle: Tipps24-Netzwerk - HR
Foto: Rainer Sturm / pixelio.de