IKEA wird wegen schlechter Rücknahmepraxis von ausgedienten Elektrogeräten verurteilt
Wohnen und Einrichten / Elektronik: Das Landgericht Frankfurt am Main verurteilt Ikea zur Einhaltung umweltbezogener Verbraucherschutzvorschriften und bestätigt damit die Rechte von Verbrauchern. Die Rücknahmepflicht des Handels für ausgediente Elektrogeräte und korrekte Information des Verbrauchers gilt auch für Europas größten Einrichtungskonzern. Die DUH sieht Konsequenzen für weitere Unternehmen mit schlechter Rücknahmepraxis wie Galeria Kaufhof und Saturn. Der Vollzug durch Behörden und gesetzliche Nachbesserung sind aber notwendig.
Ikea muss alte Elektrogeräte zurücknehmen
Ikea muss alte Elektrogeräte zurücknehmen und Verbraucher über die gesetzlichen Rückgabemöglichkeiten informieren. Dies ist die klare Aussage des am 28. September 2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main im Rechtsstreit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen die Ikea Deutschland GmbH & Co. KG (AZ 3-10 O 16/17). Die deutsche Tochter des multinationalen Einrichtungskonzerns weigerte sich bei Testbesuchen der DUH, alte Elektrokleingeräte zurückzunehmen und informierte Kunden nicht über deren Rückgaberechte. Nachdem sich die Möbelhauskette geweigert hatte, die rechtswidrige Praxis unverzüglich zu beenden und ein gesetzeskonformes Verhalten zuzusichern, klagte der Umwelt- und Verbraucherschutzverband vor dem Landgericht Frankfurt - mit Erfolg.
Rücknahmepraxis für Elektroaltgeräte überprüfen
Die DUH nimmt das schriftlich vorliegende Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main zum Anlass, alle Handelsunternehmen, die Elektrogeräte verkaufen, dazu aufzufordern, die eigene Rücknahmepraxis für Elektroaltgeräte zu überprüfen und verbraucherfreundlich auszugestalten. Der Umwelt- und Verbraucherverband kündigt weitere Testbesuche im Handel und ein rechtliches Vorgehen gegen festgestellte Gesetzesverstöße an. Nur durch Verbraucheraufklärung und ein flächendeckendes Netz von Rücknahmestellen kann die derzeit niedrige Sammelquote ausgedienter Elektrogeräte von etwa 40 Prozent angehoben und deren illegale Entsorgung eingedämmt werden.
"Selbst wenn der Staat bei Gesetzesverstößen großer internationaler Konzerne wegschaut: Umweltbezogene Verbraucherschutzvorschriften müssen auch von Unternehmen wie Ikea eingehalten werden. In der Werbung stellt sich Ikea gerne als das Unternehmen mit dem Elch als besonders nachhaltig sowie verbraucherfreundlich dar. Dabei verletzt Europas größte Möbelhauskette grundlegende gesetzliche Pflichten. Die Profitmaximierung ist das wirkliche Ziel - zu Lasten von Umwelt und Verbrauchern. Wir freuen uns, dass unsere Rechtsauffassung vom Landgericht Frankfurt geteilt wird", sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Resch fordert Ikea dazu auf, in allen Filialen umgehend gut sichtbare Hinweistafeln anzubringen und das Personal über die gesetzliche Rücknahmepflicht aufzuklären. In Zukunft dürfe Ikea die Abgabe alter Elektrogeräte nicht mehr verweigern oder durch lange Wartezeiten und komplizierte Rücknahmeprozesse behindern.
Präzedenzfall, der die Verbraucherrechte stärkt
Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main ist ein wichtiger Präzedenzfall, denn es stärkt die Rechte der Verbraucher. Zum ersten Mal wurde ein Unternehmen, das die im Elektrogerätegesetz festgelegte Rücknahmeverpflichtung für kleine Elektroaltgeräte nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat, zu deren Einhaltung verurteilt. Damit wird klargestellt, dass gesetzliche Hinweispflichten nicht umgangen werden dürfen, indem wichtige Informationen im Kleingedruckten der AGBs oder auf Internetseiten versteckt werden. Stattdessen müssen Verbraucher so aufgeklärt werden, dass sie die Hinweise problemlos wahrnehmen können, etwa durch gut sichtbare Schilder am Verkaufsort.
Philipp Sommer, stellvertretender Leiter des DUH-Bereichs Kreislaufwirtschaft, spricht von einer Signalwirkung für die gesamte Handelsbranche: "Nicht nur bei Ikea, sondern beispielsweise auch bei Galeria Kaufhof oder Saturn haben wir eine verbraucherunfreundliche und zum Teil gesetzeswidrige Rücknahmepraxis festgestellt. Händler sollten das aktuelle Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main zur Altgeräterücknahme sehr ernst nehmen und schnellstmöglich nachbessern."
Die Bundesregierung sollte, analog zum Bußgeld bei einer verweigerten Rücknahme, die Nichteinhaltung der im Elektrogerätegesetz vorgeschriebenen Informationspflichten ebenfalls mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 Euro belegen. Für einen wirksamen Vollzug fordert die DUH die Bundesländer auf, unangekündigte Händlerkontrollen durchzuführen und konsequent gegen Ordnungswidrigkeiten vorzugehen. "Wir werden nicht zulassen, dass multinationale Konzerne wie Ikea Verbraucherrechte einfach ignorieren und niemand etwas dagegen unternimmt", sagt Sommer. Die DUH kündigt daher weitere Testbesuche an, um die Verbraucherrechte zur Rückgabe von Elektroaltgeräten durchzusetzen und die Verbraucherfreundlichkeit der Sammlung zu verbessern.
Hintergrund des Urteils
Seit dem 24.7.2016 können Verbraucher alte Elektrokleingeräte kostenlos bei Händlern zurückgeben, die Elektrogeräte auf einer Fläche von mindestens 400 Quadratmetern verkaufen - bei Onlinehändlern gilt die Versand- und Lagerfläche. Wo die alten Geräte ursprünglich gekauft wurden, spielt für die Abgabe keine Rolle. Bei Kleingeräten unter 25 cm ist die Rückgabe von bis zu fünf Geräten pro Geräteart nicht an den Kauf eines Gerätes gebunden. Ein Verstoß gegen die Rücknahmepflicht kann mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 Euro bestraft werden.
In Deutschland werden jährlich etwa 1,7 Millionen Tonnen Elektrogeräte verkauft, jedoch nur etwa 40 Prozent davon ordnungsgemäß gesammelt und der Wiederverwendung oder dem Recycling zugeführt. Um dieses Umweltproblem zu lösen, hat die EU-Kommission im Rahmen der Richtlinie 2012/19/EU die Handelsunternehmen verpflichtet, kostenfrei Altgeräte zurückzunehmen. So soll sichergestellt werden, dass die hierin enthaltenen Schadstoffe umweltgerecht behandelt und wertvolle Rohstoffe recycelt werden.
Quelle & Logo: Deutsche Umwelthilfe e.V.